Menschen mit Beeinträchtigungen ein selbstbestimmtes Leben zu ermöglichen, ist das Ziel des Teams der Chausseehaus gGmbH. An den drei Standorten Stendal, Bismark und Chausseehaus können Menschen, die aufgrund ihrer Beeinträchtigungen Unterstützung und Förderung benötigen, speziell für sie erarbeitete Angebote nutzen. Anspruch des Unternehmens ist es, Menschen mit Beeinträchtigung unabhängig von der Art und Schwere der Behinderung sowie unabhängig von „Werkstattfähigkeit“ einen lebens- und liebenswerten Ort zum Leben zu bieten.
Ein solches Vorhaben lässt sich nur mit einem motivierten und engagierten Team umsetzen. Wir haben bei Elke Klaus – Geschäftsführerin der Chausseehaus gGmbH – nachgefragt, wie das genau aussehen kann.
Blog „Gute Arbeit“: Frau Klaus die Arbeit für und mit Menschen mit Beeinträchtigungen ist einerseits sehr erfüllend anderseits aber auch fordernd. Was bedeutet dies im Hinblick auf „Gute Arbeit“ für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter? Worauf achten Sie hier besonders?
Elke Klaus: Wie Sie es schon erwähnten, ist die Arbeit mit Menschen mit Beeinträchtigungen erfüllend, kann aber auch fordernd sein. Sie bringt oftmals sehr große psychische Belastungen mit sich, die wir auch nicht immer verhindern können, wie z. B der Tod eines unserer Bewohner vor einiger Zeit.
Wir haben die Erfahrung gemacht, dass unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ihre Arbeit unbeschwerter verrichten können, wenn sie sich nicht nur am Arbeitsplatz wohlfühlen sondern wir ihnen quasi „den Rücken freihalten“ und sie deshalb mit möglichst wenigen Problemen konfrontiert sind.
Erfolgsfaktor: Vereinbarkeit von Beruf und Familie
Eine große Rolle spielt in unserem Unternehmen die Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Bei uns wird der Dienstplan schon ca. sechs Wochen im Voraus erstellt. Die Urlaubsplanung ist bereits im November des Vorjahres erstellt, so dass unsere Beschäftigten frühzeitig ihre persönliche Planung starten können. Es gibt für das ganze Jahr eine Wunschdienstliste. Dort können die Kolleginnen und Kollegen ihre Wünsche vermerken, so dass wir bei der Dienstplanung auf private Termine, Geburtstage, Feiern usw. Rücksicht nehmen können.
Erfolgsfaktor: Betriebliches Gesundheitsmanagement
Wir arbeiten im Zweischichtsystem und mit einem Team von Dauernachtwachen. In unserem betrieblichen Gesundheitsmanagement setzen wir verstärkt auf die Senkung der psychischen Belastungen und finanzieren deshalb entsprechende Maßnahmen. Es besteht das offene Angebot, dass sich die Mitarbeitenden mit Fragen und Problemen wie z. B. einer Trauerbegleitung an unsere Psychologin wenden können. Wir als Arbeitgeber haben explizit mit ihr eine Verschwiegenheitsvereinbarung abgeschlossen. Diese Vertraulichkeit, in der die Begleitungen stattfinden können, wird von unseren Beschäftigten sehr geschätzt. Nicht zuletzt deshalb findet die psychologische Unterstützung eine große Akzeptanz.
Blog „Gute Arbeit“: 2019 haben Sie zum ersten Mal eine Mitarbeiterbefragung mit Hilfe des Wertenetz© durchgeführt. Was hat Sie bewogen, diesen Aufwand 2020 gleich noch einmal zu betreiben?
Elke Klaus: Wir waren natürlich schon mit dem Ergebnis der 1. Befragung sehr zufrieden, zumal wir ja auch da schon die Kriterien zur Verleihung des Siegels erfüllt haben. 70 % des Teams hat sich an der Befragung beteiligt und die Zufriedenheit lag in dem Jahr bei 72 %.
Auf Basis der Befragungsergebnisse haben wir dann im Auswertungsgespräch mit Fachkraft im Fokus ein Handlungsplan erstellt, mit dem wir weiter gearbeitet haben. Es ging uns vor allem darum, Dinge anzugehen, die aus der Perspektive der Beschäftigten noch nicht optimal waren und von denen wir selbst wussten, dass wir hier Verbesserungen erreichen müssen. Unser Ziel war es natürlich, 2020 ein noch besseres Ergebnis der Befragung und der Teilnahme zu erreichen. Mit 85 % Beteiligung und 85,5 % Zustimmung haben wir das Ziel in jedem Fall erreicht.
Erfolgsfaktor: Wertschätzende und transparente Kommunikation
Dies konnte und kann aus meiner Sicht nur gelingen, wenn man im Unternehmen eine wertschätzende und transparente Kommunikation pflegt. Das ist ein Feld, welches aus meiner Sicht nie erschöpft ist und welches ein andauerndes Controlling und dranbleiben bedeutet. Es sind oftmals Kleinigkeiten, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter unzufrieden machen können, die man selbst möglicherweise gar nicht so auf den ersten Blick erkennt.
Blog „Gute Arbeit“: Was hat sich aus Ihrer Sicht bei der Chausseehaus gGmbH seit 2019 entwickelt? Was sind die Veränderungen, die Sie jetzt nach der zweiten Befragung angehen möchten?
Elke Klaus: Ein sehr großer Schritt war in dieser Zeit, einem Tarifvertrag beizutreten. Dies war mit sehr viel Vorbereitungen und auch Verhandlungen mit dem Kostenträger verbunden. Es ist uns durch eine exzellente Vorbereitung meines Teams der Buchhaltung sehr gut gelungen und wir konnten den Tarifvertrag ab 1. Januar 2019 umsetzten. Für die meisten meiner Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haben sich dabei die Einkommensverhältnisse sehr verbessert. Dazu haben mir die Beschäftigten ein sehr positives Feedback gegeben.
Erfolgsfaktor: Flexibilität bei Arbeitsaufgaben und Arbeitszeiten
Zur Entlastung der Bewohnerinnen und Bewohner sowie des Teams konnten wir im Unternehmen eine zweite Psychologin einstellen, die den Mitarbeitenden mit fachlichem Rat zur Seite steht. Außerdem haben wir unser Team um zwei medizinische Fachkräfte erweitert, die sich ausschließlich um die gesundheitlichen Belange der Bewohner kümmern und alles Wesentliche rund um deren gesundheitliche Versorgung im Auge haben. Dies erleichtert die Arbeit des übrigen Teams spürbar.
Das positive war dabei auch, das hier zwei sogenannte „Muttistellen“ geschaffen wurden für Fachkräfte, die nicht im Schichtdienst arbeiten können. Wir haben Arbeitszeiten und Dienstbeginn den Möglichkeiten von Eltern bzw. Alleinerziehenden angepasst, damit sie flexibel reagieren können. Dazu gehört auch die Möglichkeit, Dienste zu tauschen.
Erfolgsfaktor: Dranbleiben!
Was gehen wir jetzt noch an? Nach der Entwicklung unserer Qualitätsleitlinien und der Erarbeitung unseres Leitbildes arbeiten wir mit beiden sehr aktiv, indem wir an verschiedenen Beispielen, die uns im Alltag begegnen, überprüfen, ob wir den Leitlinien konform handeln. Dieser aktive Umgang mit Qualitätsleitlinien und Leitbild macht sie für das Team erfahrbar und holt sie aus der Theorie in die Praxis.
Dazu sind von unserer Leitung der abH[1] Einarbeitungsmodule entwickelt worden, die jetzt auf die verschiedenen stationären Angebote angepasst werden. Hier spielen unsere Qualitätsleitlinien und Werte eine große Rolle. So erhält jede Mitarbeiterin bzw. jeder Mitarbeiter, der/dem wir ein Stellenangebot schicken, schon im Vorfeld unsere Qualitätsleitlinien ausgehändigt, um für sich selbst zu prüfen, ob sie/er so in Zukunft arbeiten möchte.
Blog „Gute Arbeit“: Frau Klaus Ihr Unternehmen ist zum zweiten Mal ebenfalls mit dem Landessiegel „Mitarbeiterorientiertes Unternehmen – Hier fühle ich mich wohl“ ausgezeichnet worden. Wie haben die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter reagiert? Welche Reaktionen gab es aus der Öffentlichkeit?
Elke Klaus: Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter waren stolz. Jeder Standort hat das Siegel im Bilderrahmen überreicht bekommen und wir dürfen es jetzt auch überall präsentieren, auf unserer Webseite, den Briefbögen usw. Was die Öffentlichkeit angeht, sagen wir mal: „Naja das geht so!“. Bei den Bewerberinnen bzw. Bewerbern war es aber oftmals ein Thema. Wir sind angesprochen worden: „Sie sind doch die Firma, wo man sich wohl fühlt.“
Blog „Gute Arbeit“: Sie wurden im Rahmen der Befragungen durch Fachkraft im Fokus betreut. Was war hier für Sie besonders wichtig?
Elke Klaus: Für mich als Unternehmerin ist im Rahmen der Befragung kein Mehraufwand entstanden. Es gab eine gute Vorbereitung und das einzige, was die Beschäftigten machen mussten, war sich die Zeit während ihrer Arbeitszeit zu nehmen. Wir hatten das Glück eine ganz engagierte und tolle Regionalberaterin von Fachkraft im Fokus zur Seite zu haben, die uns gut begleitet und mit der wir auch immer wieder zusammenarbeiten.
Blog „Gute Arbeit“: Welchen Hinweis haben Sie für anderen Unternehmen im Hinblick auf Mitarbeiterbefragungen?
Elke Klaus: Wenn Sie tatsächlich, ungeschönt wissen wollen wie es ihren Beschäftigten geht, wenn Sie sich tatsächlich dafür interessieren und auch Willens sind, gegeben falls Dinge zu ändern, dann empfehle ich Ihnen an der Befragung teilzunehmen. Egal wie schlecht das Ergebnis auch ausfallen kann … . Sie profitieren auf jeden Fall davon, indem Sie sehen, wo Sie stehen und was Sie ändern können, um zufriedene Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu haben und zu behalten.
Blog „Gute Arbeit“: Frau Klaus wir danken Ihnen für das Gespräch.
[1] abH = ausbildungsbegleitende Hilfen