Langsam – aber wirklich nur ganz langsam – muss ich mir immer wieder vor Augen führen, über welche Themen wir schon berichtet haben. Und so kommt es, dass ich heute noch einmal die Themen Homeoffice und mobiles Arbeiten aufgreife, über die ich im Zusammenhang mit dem Gesetzesvorhaben des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales im Juni 2019 geschrieben habe.
Grund ist der Fehlzeitenreport 2019 der AOK. Im Rahmen dieser Auswertung haben die Autoren des Wissenschaftlichen Instituts der AOK (WIdO) die Auswirkungen von Homeoffice auf Beschäftigte untersucht. Die Befragung von über 2.000 Personen ergab ein gespaltenes Bild, das in jedem Fall Achtsamkeit seitens der Arbeitgeber und neue Führungskonzepte von den Vorgesetzten fordert.
Anteil der mobil arbeitenden Beschäftigten steigt
Knapp 40% der Befragten arbeiten bereits heute mobil, sei es an verschieden Orten oder tatsächlich überwiegend von zuhause aus.
Arbeitszufriedenheit der mobil arbeitenden Beschäftigten steigt
Die Ergebnisse machen deutlich, dass die Arbeitszufriedenheit von Flex- bzw. Tele-Arbeitenden steigt. Ihren Angaben zur Folge können sie konzentrierter Arbeiten und damit auch mehr Arbeitsaufgaben bewältigen. Auch die Möglichkeit zwischendurch nach eigenem Bedarf Pausen einzulegen, sehen die Befragten als Mehrwert an, der für die meisten auch umsetzbar ist.
Problematisch ist jedoch der Feierabend. Hier ein Ende zu finden, ist für fast zwei Drittel der Befragten eine Herausforderung.
Anforderungen an die Flexibilität sind bei mobil Arbeitenden höher
Die Arbeit ganz oder teilweise im Homeoffice zu erledigen, wird in vielen Fällen noch als Privileg betrachtet. Damit einher geht die Erwartungshaltung seitens der Unternehmen und Vorgesetzten, dass Kolleginnen und Kollegen im Homeoffice deutlich flexibler im Vergleich zu Inhouse-Arbeitenden sein müssen .
Gesundheitsgefährdungen werden durch mobiles Arbeiten verstärkt
Der nachfolgend dargestellte Vergleich macht es deutlich: auf sich allein gestellt im Homeoffice zu arbeiten, bedeutet ohne Resonanz und Anerkennung zu arbeiten, was Selbstzweifel befördert und die unten aufgeführten Symptome verstärkt. Führungskräfte müssen hier dem Effekt „aus den Augen aus dem Sinn“ aktiv entgegen wirken.
Herausforderung an Vorgesetzte: dezentrale und individuelle Arbeitsbedingungen wertschätzend gestalten
Mobil-flexible Arbeitsformen erhöhen die Anforderungen an das Selbstmanagement der Beschäftigten auf der einen Seite. Sie erfordern aber auch die Gestaltung von Rahmenbedingungen innerhalb einer Organisation, die ein gesundheits- und leistungsförderliches Selbstmanagement möglich machen.[1]
Ein heimat- und führungsloses „Herumirren“ von flex- und telearbeitenden Beschäftigten ist deshalb weder effektiv noch effizient. Führungskräfte müssen beim Führen auf Distanz für sie geeignete Instrumente und Methoden anwenden, die
- eine persönliche Bindung – trotz unpersönlicher technischer Kanäle – zu den Mitarbeitenden erlauben,
- die bestehenden Büro- bzw. Arbeitsortstrukturen als Ankerpunkte zum Netzwerken der Teammitglieder nutzen,
- das eigene, virtuelle Team und jedes Teammitglied motivieren anstatt zu kontrollieren,
um die Vorteile mobilen Arbeitens in vollem Umfang zu nutzen.
[1] Quelle: Krause, u. a. Selbstgefährdung als Indikator für Mängel bei der Gestaltung mobil-flexibler Arbeit: Zur Entwicklung eines Erhebungsinstrumentes. Wirtschaftspsychologie. Heft 4-2014/1-2015, Seiten 49 – 59