Die 4-Tage-Woche: Mehr Produktivität und Arbeitszufriedenheit? – Ergebnisse eines Großexperiments in Island

von Marie Brämer

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Eine kürzere Arbeitswoche bei gleichbleibendem Entgelt? Bringt eine Arbeitszeitverkürzung auch eine Produktivitätssteigerung mit sich? Was genau passiert bei der Umsetzung der 4-Tage-Arbeitswoche? Ein isländisches Großexperiment zeigt, dass weniger Wochenarbeitszeit und steigende Produktivität sich nicht ausschließen müssen.

Hierzulande ist die 5-Tage-Woche seit 1967 das wohl am weitesten verbreitete Wochenarbeitszeitmodell, d. h. 5 Tage arbeiten und 2 Tage erholen. Schon länger wird das Modell der 4-Tage-Arbeitswoche vor allem auch als ein New Work Konzept thematisiert. Befürworter:innen dieses Modells argumentieren, dass durch die längeren Erholungspausen die Motivation, die Arbeitszufriedenheit sowie die Produktivität der Mitarbeitenden gesteigert werden können.

Island hat dazu Daten in einem Großexperiment gesammelt. Im Jahr 2015 lag die Wochenarbeitszeit in Island im Schnitt bei 45 Stunden. Die isländische Bevölkerung beklagte dieses hohe Arbeitspensum, wodurch zu wenig Zeit für Freizeit und Familie gegeben war. Gleichzeitig verzeichnete das Land eine hohe Zahl von Burnout-Patient:innen. Vor diesem Hintergrund startete Island das Großexperiment zur 4-Tage-Woche, um die Arbeitnehmenden zu entlasten.

Dieses gliederte sich in zwei Feldversuche, mit dem Ziel herauszufinden, ob sich eine verringerte Arbeitszeit auf die Leistungsfähigkeit und Produktivität der Angestellten auswirkt. Der erste Langzeit-Feldversuch startete 2015 und umfasste rund 2.500 Arbeitnehmende und der zweite Feldversucht im Jahr 2017 400 Personen. Diese Zahlen entsprechen ungefähr 1,5 Prozent der arbeitstätigen Bevölkerung. Für die Teilnahme konnten sich Menschen aus den verschiedensten Branchen bewerben.

Die Kernergebnisse des Experiments zur 4-Tage-Woche zeigten, dass …

  • sich die Produktivität und die Leistung der Angestellten in den meisten Arbeitsstellen verbesserten.
  • die Beschäftigten weniger gestresst waren und sich nach eigenen Angaben ihre Work-Life-Balance verbesserte.
  • sich die verringerte Arbeitszeit positiv auf die Gesundheit der Arbeitnehmenden auswirkte (Es wurden deutlich weniger Krankschreibungen eingereicht!).
  • die Anzahl der Überstunden nicht gestiegen ist, wie zuvor vermutet wurde.

Nachdem das Großexperiment den Erfolg der 4-Tage-Woche verdeutlicht, stellt sich die Frage, wie ging es danach in Island weiter? Nach der Veröffentlichung der Ergebnisse verhandelten viele isländische Gewerkschaften die Arbeitszeiten neu. 86 Prozent der Arbeitnehmenden haben seitdem eine verkürzte Arbeitswoche oder die Möglichkeit dies einzufordern.

Dennoch bleibt abzuwarten, wie sich das Arbeitszeitmodell 4-Tage-Woche weiterentwickelt. Im Sommer 2019 testete der Großkonzern Microsoft Japan das Arbeitszeitmodell und konnte positive Ergebnisse feststellen. Laut Microsoft Japan ist die Produktivität der Mitarbeitenden um 40 Prozent gestiegen. In Spanien soll ebenfalls die 4-Tage-Woche in einem groß angelegten Projekt erprobt werden. In Deutschland bleibt noch abzuwarten, wie, wo und ob sich das Arbeitszeitmodell etabliert.