Zahl des Monats Oktober: 30

Bildnachweis: © Johann Frank, Fotofrank, A 3652 Leiben, Weitenegg 19

Wir diskutieren in der letzten Zeit, auch in diesem Blog, was Gute Arbeit ausmacht. Begriffe wie „New Work“ oder „Arbeit 4.0“ stehen dabei oft auch für eine qualitative Verbesserung von Arbeitsbedingungen.

Ist das wirklich so, oder blenden wir nicht etwas aus, weil sich die Diskussion und die beschriebenen Veränderungen oft auf Wissensarbeiterinnen und -arbeiter beziehen, also Menschen, die nicht mit ihrer körperlichen Arbeit ihr Geld verdienen?

Ich bekomme immer mehr das Gefühl, dass wir einen nicht unerheblichen Teil zur Gestaltung von Guter Arbeit ausblenden, wenn sich unsere Beobachtungen nur auf die zuvor benannte Gruppe von Beschäftigten konzentrieren. Die Zahlen des DGB Index Gute Arbeit 2018 zeigen klar:
30 % der Beschäftigten leisten sehr häufig bzw. oft körperlich schwere Arbeit, indem sie Lasten heben, halten oder ziehen bzw. Kräfte einsetzen, die den ganzen Körper beanspruchen.

Der Anteil der Beschäftigten, die sehr häufig bzw. oft in einer ungünstigen Körperhaltung (z. B. gebückt, in der Hocke, in beengten Verhältnissen oder über Kopf greifend) arbeiten, liegt sogar noch höher, nämlich bei 52%. Betrachten wir die Entwicklung der Prozentanteile seit 2012, dann ist nicht davon auszugehen, dass sich hier in naher Zukunft große Veränderungen ergeben.

Die präsentierten Zahlen des DGB räumen auch auf mit einigen Annahmen, die im Zusammenhang mit körperlicher Arbeit schnell gemacht werden:

  • Schwere körperliche Arbeit erledigen nur Männer.
    Dies stimmt so nicht. 33 % der befragten Männer und 27 % der befragten Frauen verrichten körperlich schwere Tätigkeiten. Schaut man sich bestimmte Berufe an, so kann der Anteil der körperlich schwer arbeitenden Frauen auch deutlich überwiegen.
  • Schwere körperliche Arbeit wird durch die Digitalisierung überflüssig.
    Nun, ich kann zwar nicht in die Zukunft schauen, aber im Moment werden körperlich schwere Aufgaben auch von Beschäftigten ausgeführt, die im hohen Maße mit digitalen Instrumenten und Prozessen arbeiten, immerhin 21 %. In ungünstiger Körperhaltung arbeiten sogar 47 %.
  • Schwere körperliche Arbeit kommt lediglich in der klassischen Industrie und auf dem Bau vor.
    Auch hier zeichnen die Antworten ein anderes Bild: Spitzenreiter sowohl bei der körperlich schweren Arbeit als auch bei den ungünstigen Körperhaltungen sind Land-, Fort- und Gartenbauberufe (81 %), dicht gefolgt von den Pflegeberufen (74 %).

Warum ist hier die Gestaltung von Guter Arbeit so von Bedeutung für die Fachkräftesicherung?

Das Problem wird deutlich, wenn wir uns die Langzeitwirkungen anschauen. Denn gefragt danach, ob sie unter den derzeitigen Anforderungen die jetzige Tätigkeit bis zum gesetzlichen Rentenalter ohne Einschränkungen ausüben können, antworteten 69 % derjenigen, die sehr häufig schwer körperlich arbeiten, „Nein, wahrscheinlich nicht“. Das widerspricht meinem Verständnis von Fachkräftesicherung.

Abhilfe können gesundheitsförderliche Maßnahmen zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen schaffen. Egal, ob Unternehmen sich hier bereits schon auf den Weg gemacht haben oder noch nicht, mehr als die Hälfte (59 %) der Befragten erwartet durch solche Maßnahmen eine Verbesserung des eigenen Gesundheitszustandes.

Meine Tipps für die Verbesserung der Arbeitsbedingungen in Ihrem Unternehmen:

  • Identifizieren mögliche physische als auch psychische Belastungen sorgsam, indem Sie sich einzelne Arbeitsbereiche gesondert vornehmen.
  • Beteiligen Sie Ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter direkt an der Analyse. Sammeln Sie systematisch Hinweise ein.
  • Setzen Sie entwickelte Lösungen konsequent um. Machen Sie immer wieder auf deren Bedeutung aufmerksam und fordern Sie die Einhaltung neuer Spielregeln ein, falls dies erforderlich sein sollte.
  • Machen Sie Erfolge für alle sichtbar und scheuen Sie sich nicht Misserfolge sachlich auszuwerten, um gemeinsam mit der Belegschaft nach anderen Lösungen zu suchen.

Wie Sie bei der Durchführung einer Gefährdungsbeurteilung vorgehen sollten und was in diesem Zusammenhang sonst noch wichtig ist, hat die Initiative Neue Qualität der Arbeit (inqa) in Zusammenarbeit mit der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAUA) in einem Handbuch zusammengefasst. Das finden Sie hier.