Gute Ausbildung – Gute Arbeit!

PT 600-2 T inkl. Automation
Bildnachweis: © Gehring Technologies GmbH

Die im Jahr 1926 von Christoph Willi Gehring in Naumburg gegründete Firma Gehring ist seit über 90 Jahren führend auf dem Gebiet der Hontechnik und liefert als Hidden Champion Sondermaschinen an die Automobilindustrie und deren Zulieferer.

Seit 1948 ist der Unternehmenssitz der Gehring Technologies GmbH in der Nähe von Stuttgart angesiedelt. Die Gehring Naumburg GmbH & Co. KG gehört seit 1991 wieder zur international vertretenen Gehring Gruppe. Von den weltweit ca. 800 Beschäftigten setzen sich in Naumburg ca. 230 Beschäftigte täglich für den Erfolg, das Wachstum und die ständige Weiterentwicklung des Unternehmens ein. Daher legt man auch in der Personalarbeit besonderen Wert auf Qualität.

In Naumburg setzt man auf eine praxisorientierte Ausbildung mit individueller Unterstützung, um nachhaltig eigene Fachkräfte aufzubauen. Das Unternehmen ist zudem seit 2017 Verbundpartner für weitere Unternehmen des Burgenlandkreises im Rahmen des landesweiten Projektes „Regionales Übergangsmanagement Sachsen-Anhalt (RÜMSA)“.

Seit kurzem in das Team von Gehring in Naumburg dazu gekommen ist Rebecca Magister. Wir haben die Personalmanagerin gefragt, was aus Ihrer Sicht eine gute Ausbildung ausmacht und wie dies in Naumburg bei Gehring umgesetzt wird.

Blog „Gute Arbeit“: Frau Magister, Hand aufs Herz, haben Sie für das kommende Lehrjahr 2019/2020 all Ihre Ausbildungsplätze besetzt?

Rebecca Magister: Wir planen für das kommende Lehrjahr 2019/2020 mit sieben jungen Menschen, die ihre Ausbildung bei uns beginnen werden. Mehrere Stellen konnten wir bereits besetzen und befinden uns derzeitig in den Gesprächen mit weiteren möglichen Kandidaten. Bereits im Oktober und November 2018 haben wir mit der Sichtung von Bewerbungen und den Vorstellungsgesprächen begonnen, um eine frühzeitige Besetzung der Ausbildungsplätze sicherzustellen.

Was sich bei uns übrigens als guter Indikator für die Bewerberauswahl herausgestellt hat, ist unser Schnupperpraktikum. Diejenigen Bewerberinnen bzw. Bewerber, die bereits ein solches Praktikum erfolgreich absolviert haben, können sich genauer als andere Kandidatinnen und Kandidaten vorstellen, was in der Ausbildung bei Gehring auf sie zukommt und starten in der Regel auch besser in ihre Ausbildung.

Blog „Gute Arbeit“: Zwischen Abschluss des Ausbildungsvertrages und dem Beginn der Ausbildung selbst liegen ja in den meisten Fällen einige Monate. Es gibt zunehmend Ausbildungsbetriebe, die feststellen müssen, dass ihnen in dieser Zeit die Auszubildenden „abhandenkommen“. Wie sieht es bei Ihnen aus? Wie bleiben Sie in Kontakt mit Ihren zukünftigen Beschäftigten?

Rebecca Magister: Zunächst einmal laden wir die unsere künftigen Auszubildenden und deren Eltern zur offiziellen Vertragsunterzeichnung hier zu uns ins Unternehmen ein. Wir wollen damit deutlich machen, dass der Beginn der Ausbildung auch ein wichtiger Schritt zum Erwachsenwerden ist. Nach der Vertragsunterzeichnung werden die zukünftigen Auszubildenden immer mal wieder angeschrieben, so dass der Kontakt nicht verloren geht.

Zudem führt die IG Metall zum Kennenlernen ein mehrtägiges Ausbildungscamp durch, zu dem der Betriebsrat unsere zukünftigen Auszubildenden im Namen der IG Metall einlädt.

Für die Zukunft planen wir ebenfalls eine Veranstaltung zum Kennenlernen. Aktuell gibt es bei uns einen Bowlingabend mit den Führungskräften im ersten Halbjahr der Ausbildung.

Blog „Gute Arbeit“: Hier bei Gehring in Naumburg kooperieren Sie im Rahmen eines RÜMSA-Projektes[1] mit anderen Unternehmen aus dem Burgenlandkreis bei der Ausbildung mehrerer Berufe aus dem Metall- und Elektrobereich. Wie müssen wir uns die Zusammenarbeit vorstellen? Wie unterscheidet sich eine solche Ausbildung von der „klassischen“ dualen Ausbildung in einem Ausbildungsbetrieb?

Rebecca Magister: RÜMSA verfolgt einen ganzheitlichen Ansatz. Wir arbeiten hier deshalb nicht nur eng mit anderen Unternehmen sondern auch mit der Bundesagentur für Arbeit Weißenfels, dem Jobcenter Burgenlandkreis, den berufsbildenden Schulen sowie dem Internationalen Bund zusammen. Jede Stelle leistet einen wichtigen Beitrag dafür, dass der Übergang unserer Auszubildenden von der Schule in den Beruf gut gelingt.

Als Leitunternehmen übernehmen wir im Kooperationsverbund zu Beginn der Ausbildung die Vermittlung der Kenntnisse und Fertigkeiten in den wichtigsten Metallbearbeitungstechniken. Auf dieser Basis aufbauend gehen die Auszubildenden dann in ihre jeweiligen Ausbildungsbetriebe. Aber auch die Prüfungsvorbereitungen können von den Verbundpartnern in Anspruch genommen werden. Da einer unserer Ausbilder ebenfalls Prüfer bei der IHK ist, kann er den Auszubildenden aus erster Hand vermitteln, was sie im Rahmen ihrer Zwischen- und Abschlussprüfungen erwartet und sie gezielt darauf vorbereiten.

Wesentlich ist aber, dass wir über diese Ausbildungskooperation einen hohen Grad an individueller Betreuung und Unterstützung durch die Ausbilder und die Verbundkoordinatorin realisieren können. Wir ermöglichen z. B. die Nachhilfe für einzelne Auszubildende in verschiedenen Fächern, unter anderem auch in Deutsch, was nicht notwendigerweise nur junge Menschen mit Migrationshintergrund betrifft.

Auch die Unterstützung beim Erwerb der fachlichen Kenntnisse sowie technischen Fähigkeiten und Fertigkeiten orientiert sich am persönlichen Lerntempo und Leistungsvermögen. Wir haben an dieser Stelle auch schon mit unseren älteren Kollegen zusammengearbeitet, die bereits im Ruhestand sind und sich gern die Zeit nehmen, die Auszubildenden individuell anzuleiten. Außerdem berücksichtigen wir das soziale Umfeld und die persönliche Lebenssituation unserer angehenden Facharbeiterinnen und Facharbeiter.

Um junge Menschen als Fachkräfte in unserer Region zu halten, reicht es nicht aus, dass wenige Unternehmen Leuchttürme guter Ausbildung sind. Wir engagieren uns deshalb dafür, dass sich kleine und mittelständische Unternehmen gezielt für die Ausbildung, gern mit uns als Partner, entscheiden und dass die Ausbildungsqualität im metallverarbeitenden Gewerbe vor Ort sichergestellt und gesteigert wird. Als Teil des Verbundprojektes im Rahmen von RÜMSA können wir hier einen sehr wichtigen Beitrag leisten.

Blog „Gute Arbeit“: Was macht aus Ihrer Sicht einen guten Ausbilder / eine gute Ausbilderin aus?

Rebecca Magister: Ein Ausbilder bzw. eine Ausbilderin ist heute mehr eine Mischung aus Anleiter/-in und Erzieher/-in, als es früher der Fall war. Nicht nur die Vermittlung von Fachwissen sondern auch die Persönlichkeitsbildung ist wichtig. Gerade wenn es um die Entwicklung von persönlichen und sozialen Kompetenzen geht, benötigen die Jugendlichen ein Vorbild, das vorlebt, wie wichtig z. B. Teamfähigkeit, Ordnung und Sauberkeit oder auch Zuverlässigkeit im Arbeitsalltag sind. Gerade im Hinblick auf ihre Selbstorganisation und Lernorganisation gibt es in einigen Fällen noch Entwicklungspotenziale.

Unsere Ausbilder und Anleiter müssen daher nicht nur in der Lage sein, die Umsetzung des Ausbildungsrahmenplanes sicherzustellen, sondern auch die notwendige pädagogische Flexibilität mitbringen, um individuell auf die Auszubildenden eingehen zu können.

Blog „Gute Arbeit“: Wenn Sie an Ihr jetziges drittes Lehrjahr denken, dann werden die Auszubildenden – wenn alles gut läuft – in zwölf Monaten ihren Facharbeiterbrief in den Händen halten. Wie sieht der Übergang von der Ausbildung in den Beruf bei Gehring aus? Wann sollte man Ihrer Meinung nach mit den jungen Menschen über ihre weitere Zukunft nach der Ausbildung sprechen?

Rebecca Magister: Ab Beginn des 2. Lehrjahrs erfolgt bei uns ein Durchlaufplan durch den Betrieb, d. h. die Auszubildenden lernen z. B. die Bereiche Qualitätswesen, Drehen, Fräsen, Logistik und Montage kennen. Bis zum Ende des 2. Lehrjahrs, spätestens zu Beginn des 3. Lehrjahrs befindet sich der Auszubildende in seiner Zielabteilung. Dort lernt er/sie das zukünftige Team kennen und bekommt einen vertieften Einblick, was ihn/sie an Aufgabenstellungen und Herausforderungen nach der Ausbildung erwartet.

Blog „Gute Arbeit“: Als jemand, der mit Erfahrungen aus anderen Unternehmen hier angefangen hat, was möchten Sie im Rahmen Ihrer Aufgabe mitgestalten?

Rebecca Magister: Für mich ergeben sich da drei Punkte:

  • Ich möchte gern den Austausch zwischen Geschäftsführung, Abteilungsleitung und Auszubildenden intensivieren. Der bereits erwähnte Bowlingabend ist dazu ein erster Schritt.
  • Unser Einzugsbereich für die Rekrutierung von Ausbildenden ist groß und außerdem sind wir hier in Naumburg, wenn Sie so wollen, im ländlichen Raum. Viele Jugendliche, die (noch) keine Fahrerlaubnis haben, sind daher auf den öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) angewiesen. Die Einführung eines Azubi-Tickets zur Nutzung des regionalen ÖPNV wäre eine schöne Sache, bei der die Politik mitwirken kann. An dieser Stelle sehe ich definitiv Handlungsbedarf.
  • Derzeit arbeiten wir an einer Betriebsvereinbarung zur Übernahme der Auszubildenden, um Transparenz zu schaffen. Klare und strukturierte Prozesse geben nicht nur uns die Richtung vor, auch unsere angehenden Jungfacharbeiter/-innen erhalten Aufschluss über den Ablauf.

Blog „Gute Arbeit“: Frau Magister, wir wünschen Ihnen für Ihre zukünftige Personalarbeit viel Erfolg und danken Ihnen für das Gespräch.


[1] RÜMSA steht für Regionales Übergangsmanagement in Sachsen-Anhalt. Das Förderprogramm dient der Gestaltung einer transparenten und dauerhaften Kooperations- und Unterstützungsstruktur für Jugendliche am Übergang Schule-Beruf. Die Förderung erfolgt aus Mittel des Europäischen Sozialfonds. RÜMSA wird umgesetzt im Auftrag des Ministeriums für Arbeit, Soziales und Integration des Landes Sachsen-Anhalt.

Logo Land Sachsen-Anhalt & Logo ESF Europäischer Sozialfonds